Frankfurt, der 20.06.2014
Stellungnahme zu ihrem Schreiben vom 20.06.2014
Sehr geehrter Herr Lorenz,
Vielen Dank für ihr Schreiben – wir begrüßen die Tatsache, dass Sie als Vertreter der Stadt mit uns in Kommunikation treten.
Zu Punkt 1:
Wir haben bisher die nächtliche Ruhezeit von 22:00 Uhr eingehalten und werden das auch weiterhin so handhaben. Wir möchten sie aber auf die rechtliche Sonderstellung einer Mahnwache hinweisen, die sie dem Grundgesetz entnehmen können.
Das Konzept der Mahnwache ist im Grundgesetz ganz klar als unantastbar festgelegt, um die potentielle Machtergreifung eines totalitären Regimes zu verhindern.,
Da für die Durchführung unserer Mahnwache eine Lautsprecheranlage stellenweise nötig ist, würde ein komplettes untersagen bzw. ein abhängig machen von der Besucherzahl dem Artikel 8 GG widersprechen.
Da wir uns auf das Grundgesetz berufen, das ganz klar über den ortsbezogenen Auflagen steht, betrachten wir diesen Teilaspekt des Punktes als rechtswidrig und damit hinfällig.
Zu Punkt 2:
Wie sie unserer Anmeldung entnehmen können, ist dies eine permanente Mahnwache. Das bedingt, das die Aktivisten 24 Stunden vor Ort sind und einen minimalen Schutz vor Witterung und auch einen Rückzugsraum für eine Ruhezeit von 8 Stunden benötigen.
Wir berufen uns in diesem Fall auf drei Präzedenz Urteile,. die Aktivisten einer Dauermahnwache dieses Menschenrecht zusprechen.
Siehe:
Am 12. April 2012 hob der VGH München das Verbot der Aufstellung eines der beiden Pavillons und das von der Stadt ausgesprochene Nächtigungsverbot auf:
„Es erscheint dem Senat durchaus nachvollziehbar, dass eine andauernde Präsenz der Versammlungsteilnehmer rund um die Uhr an zentralen Orten (Behörden- oder Verwaltungsstandorten) für ihr Anliegen als Asylantragsteller erforderlich ist. Wird aber über einen längeren Zeitraum durchgehend auch nachts demonstriert, zieht dies zwangsläufig das Bedürfnis nach einem zeitweiligen Ausruhen oder auch Schlafen der einzelnen Demonstrationsteilnehmer nach sich, so dass auch derartige „Ruhepausen“ von Art. 8 GG geschützt werden, um eine effektive Kundgabe des Anliegens der Versammlungsteilnehmer zu gewährleisten. Schließt das Nächtigungsverbot in der Beschränkung Nr. 1.19 aber auch das Schlafen z. B. in Schlafsäcken in den errichteten Pavillons vollständig aus – wie das Verwaltungsgericht und auch die Antragsgegnerin dies sehen – liegt darin ein Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit, der bei Abwägung der widerstreitenden Interessen wohl nicht mehr dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.“
– 10 CS 12.767 Rn.12
Hinsichtlich der zwei Pavillons von jeweils ca. 9 Quadratmetern war der Gerichtshof der Auffassung, dass der Schutz der Versammlungsfreiheit die straßen- und wegerechtlichen oder ordnungsrechtlichen Belangen der Stadt Würzburg überwiegt.
Wegen der beiden bereits zugestanden Pavillons wurde das darüber hinaus beabsichtigte Mannschaftszelt vom VGH aber nicht zugelassen. Die von der Stadt Würzburg geforderte Verlegung des Protests aus der Stadtmitte an den Stadtrand war schon von dem Verwaltungsgericht Würzburg als rechtswidrig aufgehoben worden.
Am 2. Juli 2012[227] hob der VGH München zahlreiche weitere von der Stadt Würzburg ausgesprochene Verbote auf. Zugelassen wurden zwei Pavillons (3 × 3 m), drei Betten mit Matratzen und Decken/Schlafsäcken, sechs Stühle und zwei Tische. Der Gerichtshof wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass die beabsichtigte lange andauernde stationäre Versammlung ohne diese Gegenstände praktisch nicht durchführbar sei. Die Aufhebung des Verbots des verschärften Hungerstreiks mit zugenähten Mündern durch das VG Würzburg wurde vom VGH München bestätigt.
Für das Protestcamp in Düsseldorf stellte das Oberverwaltungsgericht Münster am 13. Juli fest, dass entgegen dem Verbot der Versammlungsbehörde ein Zelt mit einer Größe von 9 Quadratmeter und zwei Betten mit jeweils einer Matratze und einem Schlafsack oder einer vergleichbaren Zudecke genutzt werden durften.[228]
http://de.wikipedia.org/wiki/Fl%C3%BCchtlingsproteste_in_Deutschland_ab_2012
(AK Versammlungsfreiheit) http://occupyfrankfurt.net/category/ak-versammlungsfreiheit/
Wie Eingangs bereits erwähnt, sind Mahnwachen ein im deutschen Recht ganz klar verankertes Konzept. Wenn sie eine Unterbringung in Zelten weiterhin untersagen, verletzen sie damit unser verbrieftes Recht auf Versammlungsfreiheit, was angesichts der globalpolitischen Situation höchst bedenklich ist.
Wir haben uns bisher kooperativ verhalten, und auf ein Aufstellen von Zelten verzichtet. Das heißt nicht,dass wir dies akzeptieren.
Wir fordern nicht nur, dass der Pavillon weiterhin genutzt werden kann, sondern auch, dass Zelte zur Unterbringung aufgestellt werden dürfen.
Wir müssen da ganz klar die Frage stellen, in wieweit das Frankfurter Stadtrecht über dem Grundgesetz steht und erwarten eine klare Rechtsgrundlage für Ihre Auflagen.
Insofern benötigen wir nach unserer Rechtsauffassung auch keine Sondernutzungsgenehmigung der Stadt, da wir uns auf ein wichtiges Grundrecht berufen.
Sie erhalten hiermit bis zum 27.06.2014 Gelegenheit zur Stellungnahme.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Friedenswerkstatt Frankfurt
Gunnar Gast